Tief im Wald

Ich war sowohl stinksauer als auch irgendwie gekränkt. Diese Mixtur aus Gefühlen sorgte für eine ebenso seltsame Mischung an Farbe in meinen Augen. Ganz nahe an der Pupille waren sie grau und je weiter sich der Farbkreis entfernte, desto mehr ging er ins Türkise hinein.
Schnell drückt ich mir die Hände auf die Augen, als mich Luca darauf ansprach. "Ja ich weiß. Stimmungsaugen. Man könnte eine Tabelle schreiben und meine Stimmung daran ablesen." Antwortete ich ihm und versteckte weiterhin mein Gesicht.

"Echt? Das ist ziemlich cool May" gab ich zu und grinste sie an."Fast noch cooler als ein Werwolf zu sein" murmelte ich und nahm mir ein paar M&Ms. "Nehm bitte wieder die Hände runter, das kratzt an meinem Ego" bat ich sie und legte den Kopf schief.

Ich sah Luca durch meine Finger hindurch an und grinste, auch wenn er das sowieso nicht sehen konnte. "Welches Ego denn? Meinst du das, von dem du sowieso viel zu viel hast?" Fragte ich und hob eine Augenbraue.

"Ja ganz genau dieses Ego meine ich. Also...tu mir noch den Gefallen May" sagte ich leise und sah sie bittend an. Ich mochte es gar nicht wenn Mädchen ihre Augen bedeckten. Ich sah ihnen immer gerne in die Augen.

Ich verdrehte die Augen und nahm letzten Endes doch die Hände runter. "Na schön. Weil dus bist." Und nicht dein Bruder. Fügte ich in Gedanken hinzu und ließ eine Hand voll M&M's in meinem Mund verschwinden. "Wie ist es eigentlich, wenn man zum Werwolf wird?" Fragte ich ihn und sah an die Stelle, an der sich vor kurzem noch sein Zwilling befunden hatte. Irgendwie interessierte es mich schon. Und vor allem interessierte es mich, wieso Levi auf einmal so anders und vor allem aggressiv reagiert hatte.

"Danke" sagte ich und neigte lächelnd den Kopf. Dann wurde ich nachdenklich."Hm..jaa wie ist es... es ist sehr ... naja, du hast das Gefühl als würde kochend heisses Wasser durch deine Adern ströhmen. Es breitet sich vom Herz überallhin aus. Dann..ist es als würde es dich zerreissen. Der Wolf bricht durch dich hindurch und dann... dann riechst, fühlst, hörst, siehst und schmeckst du einfach alles." Verträumt lächelte ich.

Ich konnte einfach nicht anders und musste lachen. "Also das ..." Begann ich und musste wieder lachen. "Lässt sich aber auch anders erreichen." Beendete ich meinen Satz und strich mir die Haare zurück. How ja, wer zweideutig dachte, hatte eindeutig mehr Spaß.
Ein freches Grinsen breitete sich auf meinen Lippen aus und ich sah Luca in die Augen, in der Hoffnung er würde verstehen, damit ich nicht erklären musste.

^"Jaa schon..weisst du, es ist sehr intensiv, dieses Gefühl" murmelte ich und grinste sie breit an."Wie eine Droge." fügte ich leise hinzu und sah dann auf zum Mond, der hellrot über uns leuchtete. "Blutmond. " stellte ich knapp fest.

Uuh yea. Drogen jetzt auch noch. Na supi. Doch als Luca auf einmal Blutmond sagte, sah ich auf und erkannte die rötliche Scheibe durch die Blätter und das Geäst hindurch. "Rawr." Sagte ich und schielte den Werwolf aus dem Augenwinkel an. Dann wanderte mein Blick wieder zum Mond und ich fragte mich, wieso er nicht immer so aussehen konnte wie jetzt.

Ich musste lachen, starrte aber wie gebannt auf den roten Kreis über uns."Was soll das denn bedeuten?"fragte ich sie belustigt und kramte nach noch ein paar M&Ms. Nur alle paar Jahre gab es einen Blutmond. Und das war schon extrem faszinierend.

"Musst du nicht verstehn." Antwortete ich ihm und grinste das lichte Blätterdach an. So ein roter Mond war schon ziemlich faszinierend. Besonders, weil er so selten war. Was das für eine Sache zwischen Luca und Emma war hatte ich noch immer nicht begriffen. Aber je mehr ich darüber hörte, desto mehr filterte sich eine gewisse Linie heraus, die mich zum schmunzeln brachte.

"Okay." murmelte ich und grinste schief. Dann sah ich wieder zu May."Woran denkst du?" fragte ich und musterte sie interessiert. Irgendwie schien sie...belustigt.

Na hör mal. Was gehts dich an woran ich denke? Fragte ich mich und zuckte mit den Schultern. "An nichts. Wann denk ich schon." Antwortete ich ihm deshalb und sah ihn an. Irgendwie stand ihm die Narbe. Und man konnte ihn von Levi unterscheiden. Ich wusste nämlich beim besten Willen nicht, ob ich die beiden bei meiner Schusseligkeit nicht vielleicht andauernd verwechseln würde.

"Stimmt" grinsend piekste ich sie in die Seite und streckte ihr die Zunge raus. Ich mochte sie, aber was Levi für ein Problem hatte wusste ich nicht. Natürlich war der Biss wieder verheilt, trotzdem ärgerte ich mich darüber.

"Ey!" Rief ich, als er mir auch noch so frech zustimmte. Doch als mir Luca in die Seite piekte, musste ich nicht nur feststellen, dass er ziemlich viel Kraft hatte - was wohl so war bei Werwölfen - sondern auch mal wieder, dass ich kitzlich war. Ich versuchte zwar in die andere Richtung auszuweichen, aber gebracht hatte das nicht wirklich etwas. "Auaa." Sagte ich und boxte dem Wolf gegen die Schulter.

Lachend tat ich so als hätte sie mir wehgetan."Mein Gott, du hast so viel Kraft. Ich bekomme bestimmt nen blauen Fleck davon" beschwerte ich mich und zerzauste ihr die Haare."Naaa was machst du jetzt?" fragte ich sie und zauste weiter.

Ich verschränkte die Arme vor der Brust und ließ ihm seinen Spaß mit meiner blonden Mähne. "Bist du jetzt fertig?" Fragte ich ihn irgendwann und sah ihn an. Dann benutzte ich meine Finger als Kamm und fuhr mir ein paar Mal damit durch das Haar. Nur gut, dass meine Haare ein Wunder der Natur waren und sich absolut nicht verfilzen ließen. Das hatten schon mehrere versucht um mich zu ärgern. Dann drehte ich sie zu einem lockeren Knoten am Hinterkopf zusammen, befestigte ihn mit Hilfe des Haargummis den ich immer ums Handgelenk trug und streckte Luca die Zunge raus.

"Alte Spielverderberin" grummelte ich und seufzte wehleidig."Nie hab ich meinen Spass." Traurig senkte ich den Blick und zog die Beine an, um meinen Kopf drauf zu legen."Die Welt ist ungerecht und gemein zu mir"

"Aww. Ist die Welt ungerecht zum kleinen Luca? Ist okay, lass es raus." Sagte ich mitfühlend - wenn auch nur gespielt - und legte ihm den Arm um die Schultern. Andauernd spielten die Jungs mit mir, wie mit einer dummen, kleinen Barbie. Jetzt wollte ich auch mal meinen Spaß haben. "Mach dir nichts draus. Dafür darfst du dir was wünschen." Fügte ich nach einer Weile hinzu und sah ihn von unten her an.

Ich machte Schniefgeräusche und sah sie von der Seite her an."Ja?" sagte ich leise und strahlte dann."Ich...ich wünsche mir ein.....Regenbogenponny" sagte ich und klatschte begeistert in die Hände. "Mit dem will ich in den Sonnenuntergang reiten"

Oh Mann. Dachte ich mir und schlug mir die Hand gegen die Stirn. Dann seufzte ich und schüttelte leicht den Kopf. "Alles wird gut." Sagte ich und tätschelte dem Werwolf den Kopf. Ja ja. Der liebe Luca. Voll kindlicher Begeisterung. Schon irgendwie niedlich. Und trotzdem ließ mich die Frage nicht los, wieso sein Bruder sich im Vergleich zu unserer letzten Begegnung so sonderbar verhalten hatte und einfach verschwunden war.

"Versprich es" sagte ich im kindlichen Ton und sah sie mit vorgeschobener Unterlippe an. Ich liebte es das Kind in mir rauszulassen. Levi und ich waren schon unterschiedlich, aber das merkte man erst wenn man uns beide länger kannte.

"Okay." Sagte ich und pustete mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Versprochen." Ich hatte nichts gegen kleine Kinder. Ganz im Gegenteil. Aber man konnte es auch übertreiben. Nichts gegen Luca, denn ich mochte ihn wirklich. Aber ich hatte nicht im geringsten Lust dazu, ihn demnächst noch an der Hand nehmen und bis zur Tür seines Klassenzimmers bringen zu müssen, wenn er in den Unterricht musste.

Ich grinste und stubste sie wieder in die Seite."Musste nicht so ernst nehmen. "sagte ich und kramte die nächste Zigarette raus. "Ehrlich ich verstehe Levi nicht. Er war noch nie so komisch wie eben. Irgendwas hat er. "

Es interessierte mich gerade wirklich überhaupt nicht, dass mich Luca schon wieder in die Seite piekte. Stattdessen bohrte ich meinen Ellbogen in meinen Oberschenkel - da ich noch immer im Schneidersitz saß - und legte das Kinn in die Handfläche. "Weißt du, irgendwie beschäftigt mich die Sache. Hab ich was Falsches gesagt oder gemacht?" Fragte ich den Werwolf und sah aus dem Augenwinkel zu ihm hinüber.